Liebe Züchterinnen und Züchter,
vermutlich haben Sie bereits aus den Medien erfahren, dass die Tierschutzorganisation Peta angeblich die Verantwortlichen von 22 Reisevereinigungen wegen tierschutzwidrigen Verhaltens angezeigt hat. Auch darüber hinaus werden Stimmen laut, die das Brieftaubenwesen als Tierquälerei verurteilen. Grund dafür ist unser Erfolg, in NRW in die Liste der immateriellen Kulturgüter aufgenommen worden zu sein.
Durch ihre Proteste und die gezielte Verbreitung falscher Anschuldigungen versuchen nun Gegner unseres Hobbys, die Aufnahme in das bundesweite Kulturerbe-Verzeichnis zu verhindern. Aufgrund des erhöhten Medieninteresses in dieser Angelegenheit kann es vorkommen, dass auch Sie zu den Anschuldigungen befragt werden. Sie selbst wissen am besten, dass die Behauptungen vollkommen haltlos sind. Im Brieftaubenwesen stehen für alle Züchter die Faszination und Liebe gegenüber der Taube im Vordergrund. Gerade deshalb ist es nur verständlich, dass besagte Anschuldigungen Missmut und sogar Wut hervorrufen.
Dennoch ist es besonders wichtig, aufkommenden Fragen in dieser Angelegenheit sachlich zu begegnen und unser Hobby nicht durch unüberlegte Äußerungen zu gefährden.
Wir haben nachfolgend die Anschuldigungen für Sie gesammelt und unsere Stellungnahme dazu zusammengefasst.
„Veranstalter von Distanzflügen fügen den Tauben bewusst längere anhaltende Leiden zu und nehmen ihren Tod billigend in Kauf.“
Distanzflüge stützen sich auf das natürliche Heimfindevermögen der Tauben. Die Flüge können nur erfolgreich ausgeübt werden, wenn den Tieren optimale Bedingungen geboten werden sowie ein Heimatschlag, in dem sie sich wohlfühlen. Um die Distanzflüge tierschutzrechtlich einwandfrei zu gestalten, liegt diesen ein Regelwerk zugrunde, welches jedes Jahr vom Verband Deutscher Brieftaubenzüchter e. V. ausgearbeitet wird und sich den neusten Gegebenheiten anpasst. Aufgrund neuster Techniken können diese immer weiterentwickelt werden. So werden den Tauben auf den Flügen beste Bedingungen gewährleistet. Alle Taubentransporter sind mit einem GPS-System ausgestattet, sodass die zuständigen Flugleiter immer über den Standort des Kabinenwagens informiert sind. Jeder Flug wird durch einen Flugleiter betreut, welcher sich durch die Erfüllung spezieller Zertifizierungsrichtlinien qualifizieren muss. Des Weiteren sorgt eine Flugsicherungskommission dafür, dass die Tauben nur aufgelassen werden dürfen, wenn die Wetterbedingungen stimmen. Die Brieftauben werden zudem tierschutzrechtlich einwandfrei auf die Distanzflüge vorbereitet. Zu den Vorbereitungen zählen neben selbstverständlicher Gesundheit der Tiere eine intensive Pflege durch den Züchter, insbesondere ein gezieltes Flugtraining sowie eine zweckmäßige Fütterung. Zur Überprüfung des Gesundheitszustandes der Tauben steht den Züchtern bereits seit 1972 eine eigene Verbands-Taubenklinik in Essen zu Verfügung. Die Tierärzte verfügen über beste Kenntnisse für die spezielle Behandlung von Brieftauben.
„Die Verlustrate bei Distanzflügen liegt bei bis zu 67 %“
„Verlustrate“ ist bereits ein irreführendes Wort. Verlust ist hier nämlich nicht mit dem Tod der Tiere gleichzusetzen, was die Peta aber zumindest suggerieren möchte. Außerdem fundiert die Berechnung der Verlustrate durch die Peta auf der Anzahl der teilnehmenden Tauben zu Reisebeginn im Verhältnis zu der Anzahl der teilnehmenden Tauben am letzten Flug. Hier werden also ebenfalls die Tauben als Verlust gewertet, die aufgrund verschiedener Reisemethoden gar nicht durchgehend auf die Reise geschickt werden. Außerdem kommt es auch vor, dass nicht jeder Züchter, aufgrund von Urlaub o.ä., an jedem Flug in der Saison teilnimmt. Auch in diesen Fällen werden weniger Tauben gesetzt, was die Verlustrate nach Berechnung der Peta erhöht, aber keinesfalls ein Wegbleiben der Tiere zeigt. Im Falle zunächst nicht heimkehrender Tauben ist es ja so, dass die Tiere an den darauffolgenden Tagen zurückkehren oder zunächst in einen anderen Schlag fliegen und erst später den Heimweg antreten. Die verspätete Rückkehr ist in der Regel anlage- und umweltbedingt. Angriffe von Greifvögeln führen immer häufiger zum Tod der Tiere oder auch zur Vertreibung vom Heimatschlag. Außerdem führen Formschwächen dazu, dass Tauben nicht an Flügen teilnehmen können. Auch diese Tiere werden offensichtlich in der „Verlustrate“ aufgeführt.
„Brieftauben werden gedopt, um Flugleistungen erbringen zu können.“
Um optimal auf die Distanzflüge vorbereitet zu sein, erhalten Brieftauben eine zweckmäßige und auf ihre Leistungen zugeschnittene Fütterung. Es werden regelmäßig Dopingkontrollen durchgeführt, um Fehlverhalten zu verhindern.
„Verirrte Tauben werden nicht zurückgenommen oder getötet.“
Nach §3 Nr. 6 der Verbandssatzung müssen Brieftauben zu Identifikationszwecken mindestens mit der Telefonnummer des Eigentümers gekennzeichnet sein. Für verirrte Tauben gibt es vom Verband eine „Zugeflogenen-Regelung“. Diese verpflichtet jeden Züchter, zugeflogene Tauben so zu versorgen, dass sie aus eigener Kraft zu ihrem Heimatschlag zurückfliegen können. Ist dies nicht möglich, müssen die Tauben dem Besitzer anhand ihrer Ringnummer gemeldet werden, sodass dieser die Taube abholen kann. Kümmert sich der Besitzer nicht ordnungsgemäß um seine Taube, sollte er dem Verband gemeldet werden. Das Ehrengericht des Verbandes verfolgt Angelegenheiten dieser Art. Für Tauben, die Privatpersonen zufliegen, hat der Verband ein deutschlandweites Netzwerk von „Vertrauensmännern“, die sich um die Rückführung der Tauben kümmern.
„Leistungsschwache Tiere werden selektiert.“
Selektierte Brieftauben werden von den Züchtern zur Deckung des eigenen Lebensmittelbedarfs verwandt (vgl. §3 Nr. 5 der Verbandssatzung, wonach Brieftauben nicht der gewerblichen Lebensmittelgewinnung zugeführt werden dürfen). Bei der Schlachtung gehen die Züchter nach Auffassung des Verbandes grundsätzlich mit der erforderlichen Sachkunde vor. In Bedarfsfällen vermittelt diese die Taubenklinik oder andere Tierärzte.
„Stadttaubenschwemme sind Folgen des Brieftaubenwesens.“
Diese Behauptung ist durch mehrjährige Versuchsreihen in der Forschung widerlegt worden.
Insbesondere in einer Arbeit von Prof. Daniel Haag-Wackernagel, Universität Basel, konnte aufgrund von langjährigen Erfahrungen in den Schlägen der Basler Taubenaktion belegt werden, dass sich verirrte Brieftauben nur in sehr wenigen Fällen Strassentaubenschwärmen anschliessen. Brieftauben sind Haustiere, welche nicht an das Leben in der Stadt angepasst sind. Brieftaubenzüchtern liegt aber jede Art der Tauben am Herzen, sodass es in Einzelfällen unsere Züchter sind, die sich ehrenamtlich um die Taubenhäuser in den Städten kümmern.
Das Brieftaubenwesen hat nicht nur für alle Züchter einen sehr hohen Stellenwert. Dem Brieftaubenwesen ist auch eine sehr bedeutende kulturelle und gesellschaftliche Rolle zuzuschreiben. In unserem Hobby wird der respektvolle Umgang mit Tieren vermittelt. Außerdem werden Integration, soziale Verantwortung und die Gemeinschaft großgeschrieben. Das Brieftaubenwesen blickt auf eine lange Tradition genauso wie auf eine hoffnungsvolle Zukunft. Deshalb gehört das Brieftaubenwesen im Übrigen auch in die bundesweite Liste des immateriellen Kulturerbes.