Zuerst kam zu Beginn der ersten Jungtaubenflüge eine Welle der Jungtaubenkrankheit. Wir konnten sie bei zahlreichen Züchtern, die nicht zweimal beim Tierarzt mit RP-Vacc gegen Rotaviren und Paramyxoviren geimpft hatten oder die nur einmal diesen Impfstoff verwendet haben, im Jungtaubenbestand finden. Das verlief in diesem Jahr teilweise erschreckend schnell und tödlich.
Es kam in einigen Fällen zu den typischen Symptomen: kein Hunger, Wasser im Kropf, schlechter Kot und Erbrechen. In anderen Beständen zeigten sich auch untypische Symptome wie Wasserverweigerung und fehlendes Erbrechen, vermutlich weil die Tauben so extrem schnell verstorben sind, manchmal lagen zwischen den ersten Symptomen am Morgen und dem Tod nur 2 oder 3 Stunden.
Teilweise kam es auch in diesem Jahr zu Unsicherheiten und Gerüchten, ob die Rotavirus-Impfung (noch) einen ausreichenden Schutz gegen die JTK liefert. Wir haben in solchen Fällen immer wieder Proben genommen und sind dem Kollegen Dr. Dennis Rubbenstroth ausgesprochen dankbar, dass er weiterhin großes Interesse an dieser Virusinfektion hat und regelmäßig im Rahmen seiner wissenschaftlichen Tätigkeiten Material untersucht. Im persönlichen Gespräch bestätigt er nachdrücklich, dass die Impfung mit RP-Vacc einen sehr guten und zuverlässigen Schutz gegen den Taubentyp des Rotavirus (RVA) liefert und das es bisher auch keine Hinweise auf einen Verlust dieser Wirksamkeit, z.B. durch neu aufgetretene Virusstämme bestehen. Die Berichte über vermeintliche Impfdurchbrüche basierten seiner Erfahrung nach wie schon in den vergangenen Jahren fast immer auf den folgenden Fällen:
- - Die Jungtauben wurden nicht gegen das RVA geimpft, sondern es lag eine Verwechslung mit einem anderen Impfstoff vor, der gar keinen Schutz gegen die JTK liefern kann, z.B. der PHA-Impfstoff.
- - Es wurde nicht durch einen Tierarzt mit dem zugelassenen Impfstoff geimpft. Von anderen Produkten ist kein verlässlicher Schutz zu erwarten.
- - Es wurde nur ein Teil des Jungtaubenbestandes geimpft.
- - Es wurde zu spät geimpft und die Infektion mit dem RVA und der Ausbruch der JTK traten bereits wenige Tage nach der Impfung auf. Eine Impfung schützt niemals sofort, da das Immunsystem zunächst auf die Impfung reagieren muss. Bei der RVA-Impfung dauert dies vermutlich etwa zwei Wochen.
- - Es handelt sich gar nicht um die JTK, sondern um eine andere Krankheit mit völlig anderem Verlauf und anderen Krankheitsanzeichen (z.B. eine Atemwegserkrankung), gegen welche die RVA-Impfung nicht schützen kann.
- - Es handelt sich um ein der JTK sehr ähnliches Krankheitsbild, dass aber nicht durch das RVA verursacht wird. Diese Krankheiten nennen wir „JTK-ähnliche Erkrankungen anderer Ursache“ und sie traten auch schon vor Einführung der RVA-Impfung regelmäßig. Früher waren dies oft die Fälle, in denen die JTK zweimal im Jahr im selben Bestand auftrat. Heute sind es oft die Fälle, in denen die JTK trotz Impfung ausbricht. Zum Glück treten diese Erkrankungen deutlich seltener auf, als die durch RVA hervorgerufene „klassische“ JTK und sie breitet sich unserer Erfahrung nach auch niemals so seuchenhaft innerhalb von RVen aus.
- - Nur in sehr wenigen Fällen können wir tatsächlich in ordnungsgemäß mit RP-Vacc geimpften Beständen die „klassische“ JTK durch eine RVA-Infektion nachweisen, wobei dabei zumeist nur wenige einzelne Tiere betroffen sind oder der Ausbruch insgesamt mild verläuft.
Insbesondere bei den beiden letztgenannten Fällen ist es wichtig, diese weiter im Auge zu behalten und den Ursachen nachzugehen. Sollten Züchter Zweifel haben, dass die RVA-Impfung einen ausreichenden Schutz geliefert hat, so können wir das nur abklären, wenn in dem Moment, wo die Jungtauben Anzeichen der JTK zeigen, eine Kotprobe zu uns geschickt wird und wir einen ganz ausführlichen Vorbericht bezüglich der Krankheitsanzeichen, des Krankheitsverlaufs, der durchgeführten Impfungen und der Bestandskontakte erhalten. Dann können wir abschätzen, ob es sich lohnt, Dr. Rubbenstroth etwas Kot für die Forschung zu geben. Forschung dauert und lebt von Informationen, es kann also durchaus sein, dass wir noch Rückfragen haben, und eine E-Mail-Anschrift hilft da sehr weiter. Möchte man schnell ein Ergebnis haben, ob im Bestand Rotaviren vorliegen, so muss man eine ganz normale PCR-Diagnostik in einem Einsendelabor veranlassen.
In vielen solcher Fälle kranker Jungtauben haben wir in diesem Jahr allerdings reichlich Kokzidien oder Hefen gefunden. Das Jahr war großenteils ungewöhnlich feucht, was Kokzidienvorkommen stark begünstigt. Hefen sind bei eher tropischen, also feuchtwarmen Tagen ein Problem für Jungtauben. Ganz besonders machen Hefen Sorgen, wenn zuvor Medikamente gegen Parasiten oder Bakterien verwendet wurden. Ideal ist es bei Jungtauben daher präventiv regelmäßig Oregano-Präparate, wie Orega VET, zu verabreichen.
Augenerkrankungen
Nach der etwa 3 Wochen andauernden Rotavirus-Welle traten kurze Zeit später Augenerkrankungen vermehrt auf. Teilweise sicherlich durch abgetriebene belgische Jungtauben, denn dort berichteten Kollegen schon kurze Zeit zuvor von diesen Symptomen. Leider zog sich das sehr hin und störte nahezu die komplette Jungtaubenreise.
Bei dieser Erkrankung handelt es sich vielleicht um eine Virusinfektion mit bakteriellen Folgeinfektionen. Sehr selten finden wir Chlamydien bei den betroffenen Jungtaubenbeständen. Meistens beginnt es damit, dass einseitig bei einzelnen Tauben ein Augenrand stark gerötet und der rote Schleimhautrand sichtbar ist. Meist wirkt es dadurch auch leicht feucht glänzend, denn man sieht ein Stück der Konjunktivalschleimhaut, welche im gesunden Zustand vom Lidrand verdeckt wird. In den häufigsten Fällen verschwinden diese Symptome nach wenigen Tagen wieder ohne jede Behandlung. Das zieht langsam durch den Bestand. Bei Einzeltauben kommt es nach ein paar Tagen zu Folgeinfektionen. Das Auge wird teilweise richtig feucht bis nass tränend, eventuell wird es eitrig oder beide Augen sind nacheinander betroffen, manchmal wird die Nase braun.
Wenn eitrige Augen auftreten, dann finden wir sehr oft auch Trichomonaden oder erhöhte Bakterienmengen. Davon zu unterscheiden sind die zu Beginn und in großer Zahl sofort auftretenden eitrigen Augenentzündungen. In solchen Beständen kommt es bei einer Vielzahl von Tauben zu leicht gelblich flockigen Auflagerungen im Augenwinkel, unter dem Lid oder in der Nase. Das kann gewaltige Formen bei einzelnen Individuen annehmen und die Augenränder verkleben. In ganz seltenen Fällen entstehen daraus massive röchelnde Atemprobleme, die sich nicht bei jeder Taube erfolgreich behandeln lassen.
So langsam und entsprechend frustrierend die Form der geschwollenen Augen durch den Bestand zieht, desto ansteckender ist es im Kabi. Fängt es bei einem Züchter an, so haben es ganz schnell auch die anderen Tauben. Eine wissenschaftliche Ursachensuche ist wichtig, weil sich in vielen Fällen die dicken Augen ausgesprochen schlecht behandeln lassen.
Bei normalen Atemwegsinfektionen helfen in den meisten Fällen die üblichen Antibiotika für Atemwegsinfektionen gut. Wenn bei den dicken Augen noch andere Symptome hinzukommen, dann helfen auch hier passende Medikamente die Folgeinfektionen in den Griff zu bekommen. Dennoch flammen bei den trocken-geschwollenen Augen teilweise immer wieder für 2 bis 3 Wochen einzelne neue trocken-geschwollene Jungtaubenaugen bei immer wieder neuen Tieren auf.
Besonders ist auch, dass normale Atemwegsinfektionen alle Altersstufen befallen können, je gründlicher Schläge voneinander getrennt sind, desto weniger springt über, aber es springt fast immer. Die trocken-geschwollenen Augen werden allerdings bislang als ein typisches Problem bei Jungtauben beobachtet. Die Symptome haben wir in den vorangegangenen Jahren auch immer mal beobachten können, doch in diesem Jahr verlief es besonders heftig und vor allem lange. Da es wie bei jeder noch nicht eindeutig geklärten Erkrankung viel Forschungsbedarf gibt, einerseits um abzuklären, ob es wirklich nur eine Erkrankung ist, oder es andererseits zufällig lauter verschiedene Ursachen mit ähnlichen Symptomen gibt.
Da zahlreiche Kollegen auch auf der Suche nach dem richtigen Weg sind, bedarf es immer der Faktensammlung. Auch weil regelmäßig mehr Gerüchte im Umlauf sind, als dass Wissen vorhanden wäre. Wir würden uns deswegen über ehrliche und gewissenhafte Rückmeldungen zu dem Thema freuen.
Es wäre schön, wenn Sie sich die Mühe machen würden, den Fragenkatalog ehrlich zu beantworten: Gerne direkt im Internet: https://forms.gle/xDNzSGL5Nq7CFg77A